Sterilgutversorgung im Scheinwerferlicht
STERILGUTAUFBEREITUNG Im Scheinwerferlicht Viele Kliniken behandeln die Sterilgutaufbereitung noch stiefmütterlich. Doch der Hygieneskandal einer Münchener Klinik hat Krankenhauschefs sensibilisiert. Zudem häufen sich die Besuche der Aufsichtsbehörden in den Kliniken.
So richtig scheint keiner mehr zu wissen, wann die Bezeichnung zum ersten Mal auftauchte: Kellerkinder. Noch immer geistert sie durch die Flure von Krankenhäusern, wenn von einer Abteilung gesprochen wird, die wie keine andere die Funktionsfähigkeit von OPs sicherstellt: die Sterilgutaufbereitung. Nicht nur ist sie meist im Untergeschoss der Kliniken untergebracht, lange Zeit wurden auch ihre Leistungen nicht anerkannt, arbeitete das Personal unerkannt und unterschätzt - im dunklen, nicht sichtbaren Keller eben. Die geringe Wertschätzung für diese Angestellten mag daher kommen, dass sie - scheinbar - eine Arbeit verrichten, die Krankenschwestern früher mal eben nebenbei erledigt haben: die Instrumente reinigen, sterilisieren, wieder aufbereiten für den erneuten Einsatz im OP. Doch die Zeit der Geringschätzung geht vorbei. Die Kliniken erkennen, wie eng die Instrumenrenaufbereitung mit den OPs verknüpft ist . " Die Cash-Cow OP kann nur funktionieren, wenn sie zuverlässig mir sterilen Instrumenten beliefert wird - nicht zuletzt durch die DRGs sind die Kliniken dafür heute besonders sensibilisiert", sagt Klaus Sellinghoff, Geschäftsführer des Spezialdienstleisters SHS. Auch ist die Entwicklung von Instrumenten immer weiter vorangeschritten. Wo früher Nierenschalen oder einfache Scheren gereinigt und sterilisiert werden mussten, sind es heute hoch komplexe Instrumente. "Eine Sterilisationsfachkraft muss heute minimalinvasive Instrumente auseinanderbauen können - und wieder zusammen", so Sellinghoff. Und schließlich fordern mittlerweile strengere Vorgaben und Verordnungen die Einhaltung gewisser Standard s; die Überwachungen durch Aufsichtsbehörden häufen sich. Kliniken investieren in Aufbereitung Zwar gibt es laut Sellinghoff noch immer Krankenhaus leiter, die nicht wissen, ob sie eine zentrale Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA) haben. Doch vielerorts bewegen sich viele Kliniken schon. Sie starten Umbauprojekte, investieren in neue Reinigungsanlagen, schulen ihre Mitarbeiter. Das Klinikum Hanau hat gerade für 2,5 Millionen Euro seine ZSVA modernisiert, fünf Reinigungsgeräte und zwei Sterilisatoren eingekauft und über den Dienstleister Sterilog neue Mitarbeiter organisiert. In Nordrhein-Westfalen haben die Krankenhäuser Herten und Recklinghausen eine gemeinsame ZSVA gegründet und 1,5 Millionen Euro in einen Anbau und in neue Apparate gesteckt. Und die ZSVA der Uniklinik Ulm schaffte im August als eine der Ersten in Deutschland die Zertifizierung für die Aufbereitung von Medizinprodukten der höchsten Risikoeinstufung "kritisch-C".
Kellerkinder im Scheinwerferlicht
Endgültig im Scheinwerferlicht stand das Thema Aufbereitung im Sommer 2010, als bekannt wurde, dass im Klinikum München-Bogenhausen unsauberes Besteck in den OP gelangt war. "Damals haben sich manche Krankenhäuser genauer gefragt, wie eigentlich die eigene Aufbereitung abläuft", meint Sellinghoff. Auch beim Sterilgutversorger Vanguard riefen die Kunden an: " Die wollten von uns wissen: Was tut ihr eigentlich, damit uns nicht dasselbe passiert wie in Bogenhausen?", erinnert sich Ralf Berscheid, Vorstand der Vanguard AG. Die Aufmerksamkeit des Managements für Aufbereitung steigt seit dem Skandal in München deutlich. Während in München fieberhaft nach Dienstleistern gesucht wurde, die kurzfristig Personal bereitstellen und langfristig die Prozesse optimieren und validieren konnten (am Ende erhielten die Firmen MMM und SHS den Zuschlag), beeilten sich andere Kliniken, die Funktionsfähigkeit und Qualität ihrer ZSVA zu beteuern. Erklärten in Pressemeldungen, sie seien zertifiziert, beschäftigten qualifizierte Mitarbeiter mit Fachkundeausbildung, arbeiteten strikt nach den Empfehlungen vom Robert Koch-Institut. Die Kellerkinder standen plötzlich im Scheinwerferlicht. Viel!eicht ist es wirklich so, dass manche Klinikleiter unlängst noch nicht wussten, ob ihr Haus eine ZSVA hat. In den letzten Monaten werden sie sich in ihrem Keller aber mal genauer umgeschaut haben.
Romy König
Quelle: kma 01/2011 S. 52-57
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